Freitag, 15. August 2014

Dr blau Chäfer - Spannende Kletterei im Melchtal

Das Wetter ist nach wie vor nicht stabil und lässt keine großen Aktionen zu. Also überlegen wir, es trotz der Probleme mit J.O.s Arm einmal wieder mit Klettern zu versuchen. Im Gegensatz zur letzten Tour an den Engelhörnern soll nun aber das Klettern selbst im Vordergrund stehen und nicht so sehr das alpine Gesamterlebnis.

Ich habe im Plaisir-Führer Ost, den ich bisher immer unbenutzt mit im Urlaub hatte, ein interessantes Gebiet entdeckt: das Melchtal. Es zweigt von der Straße nach Luzern ab und ist in einer knappen Stunde zu erreichen. Dort gibt es Routen mit Wandhöhen von ca. 200m und Kletterschwierigkeiten oftmals im Bereich bis max. 6c.

Im Bereich Cheselenflue wartet noch eine besondere Überraschung auf den Kletterer: das Abseilen ist laut Führer mir etwas für mit der Abseiltechnik vertraute Menschen, die überdies über ein gutes Nervenkostüm verfügen. Warum, wird später verraten.

Das Wetter ist leider einmal mehr als grenzwertig zu bezeichnen, als wir nach ausgedehntem Frühstück aufbrechen. Immerhin regnet es nicht, aber es ist kalt und grau. Die Fahrt über den Brünigpass und ins Melchtal verläuft problemlos. Wie wir feststellen, muss es hier wohl ein größeres Skigebiet geben. Und einmal mehr müssen wir ab einem unserer Meinung nach willkürlich festgelegten Punkt - in dem Fall die Häuseransammlung Stöckalp - ein Ticket ziehen, um die Straße weiter befahren zu dürfen.
Nicht weit hinter der Mautstelle erreichen wir den Parkplatz. Von hier aus steigen wir ca. 45min bis unter die Felswand auf.
Gemütliches Plätzchen am Einstieg
Unser Sektor heißt Chaltbach, und das Besondere hier ist, wie schon erwähnt, das Abseilen. Die Routen hängen nämlich so stark über, dass man beim Abseilen den jeweils nächsten Abseilstand nicht erreichen würde, gäbe es da nicht fest installierte Hilfsseile, die von Abseilpunkt zu Abseilpunkt gespannt sind, und mittels derer man sich, am nächsten Stand angekommen, an selbigen heranziehen muss. Wir sind gespannt, wie uns das gefallen wird.

Topo, unsere Route ist die Nr. 6
Zunächst einmal müssen wir ja aber oben ankommen. Dazu haben wir uns die Route "Dr Blau Chäfer" ausgesucht, zu gut Deutsch "Der blaue Käfer". Es handelt sich dabei um sechs Seillängen mit den Schwierigkeiten 5c, 6a+, 6a+, 6a+, 6a+, 6a. Also schön homogen!

Ich starte in die erste Seillängen, die, wie könnte es anders sein, im unteren Teil noch nass ist. Aber das stört nicht weiter. Die folgenden Seillängen sind alle sehr steil und wunderbar zu klettern. Dazu kommt eine perfekte Absicherung und ein unglaubliches Ambiente. Ein wenig nachdenklich stimmen uns die erwähnten frei in der Luft baumelnden Hilfsseile.

In der zweiten Seillänge

Die folgenden Bilder und das Video zeigen recht eindrücklich, wie steil und ausgesetzt es in der Route zur Sache geht.

Steiler Start in  die dritte Seillänge

Nach dem Dach in der vierten Seillänge

Frei hängendes Hilfsseil in der Nebenroute



Am Stand der fünften Seillänge
Für meinen Geschmack zu schnell ist die Kletterei zu Ende. Die letzte Seillänge ist leider auch nass, was in dem Fall wirklich behindert. Nun gilt es aber, uns auf das Abseilabenteuer zu konzentrieren. Im Gegensatz zu sonst benutzen wir heute dazu auch die sog. Kurzprusik. Dabei handelt es sich um eine um das Seil gewickelte und in einen am Gurt fixierten Karabiner eingeklinkte Reepschnur, die man beim Abseilen einfach mitführt, die aber, falls man versehentlich das Bremsseil loslässt, blockiert und somit das weitere Abrutschen verhindert.
Das erste Hilfsseil hängt an einem Stand ca. 110m über der Erde, und von hier muss man 45m frei hängend abseilen, um dann ca. 10m entfernt vom nächsten Stand sich an diesem Seil dort heranzuziehen. Es ist J.O., der als erster geht, und ich bin nicht unbedingt neidisch darauf. Als ich nämlich dort ankomme, wo er anfangen durfte, sich am Hilfsseil zum Stand zu ziehen, kann er nun mich an unserem Seil ziehen, was mir das ganze erheblich erleichtert. Das folgende Video gibt einen ganz guten Eindruck dieser Abseilfahrt.



Die nächste Abseilstrecke ist nicht ganz so extrem, aber wir haben gehofft, mit unseren 60m Seilen direkt den Boden zu erreichen. Sie klatschen dort leider nicht auf, und so müssen wir noch einmal Zwischenstation machen. Es ist nun allerdings deutlich einfacher, sich an den Stand zu ziehen. Kurze Zeit danach sind wir wieder sicher am Boden. Das ist schon ein sehr spezielles Abseilen gewesen!
Wir stärken uns nun mit einem leckeren Kuchen und lassen uns mit dem Abstieg Zeit. Da man die Mautstraße jeweils stündlich nur in einer Richtung fahren darf und gerade eine "Bergauf"-Stunde dran ist, fahren wir auch einmal bis zum Ende in das ziemlich verbaute Skidorf Melchsee-Frutt. Als wir dann die Maut bezahlen müssen, sind wir, gelinde gesagt, "not amused" über den Preis von 16CHF! Irgendwie kommt es einem fast wie Wegelagerei vor. Jedenfalls werden wir beim nächsten Mal sicher in Stöckalp parken und den etwas längeren Fußweg in Kauf nehmen.

Trotzdem hat sich der Besuch dieses Gebietes belohnt, und wir werden sicher wiederkommen. Auf der Rückfahrt kurz vor Meiringen regnet es dann endlich wieder aus vollen Eimern. Da gleichzeitig jedoch talauswärts schon wieder die Sonne scheint, dürfen wir uns noch an einem wunderschönen Regenbogen erfreuen.


2 Kommentare:

  1. So wie es aussieht scheint dein Arm wieder belastbar zu sein, J.O. Oder holst du jetzt das Letzte aus ihm raus?:-) Wieder schöne, spektakuläre Fotos. Ja das Wetter in den Alpen!!!!
    Viel Erfolg noch
    Gabi und Uli

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  2. Wow, das sieht ja echt äußerst spektakulär aus. Da wird mir schon beim Ansehen der Bilder schwindelig...

    Die Foto-Video-Kombi ist wieder einmal klasse und der Text liest sich spannend runter.

    Viel Spaß und gutes Gelingen weiterhin!

    Lucien

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