Dienstag, 12. August 2014

Engelhörner: Überschreitung Klein und Gross Simeler

Nach einem weiteren Schlechtwettertag mit Dauerregen sollte das Wetter am Dienstag wieder richtig schön werden. Wir stellten den Wecker auf 6:30 Uhr, um genug Zeit für eine alpine Unternehmung in den Engelhörnern zu haben. Der Wecker klingelte und wir zogen die Vorhänge auf. Dunkle Wolken pressten sich von Außen gegen die Fensterscheibe.

Unsere Planung war eine Überschreitung des Klein und Gross Simelers in den Engelhörnern. Der dortige Felsgrat ist größtenteils mit dem Schwierigkeitsgrad 2b bis 3b bewertet und auf den Gross Simeler gibt es zwei Seillängen im Grad 4b und 3b zu bewältigen. Die Schwierigkeiten sind eher gering, aber die Unternehmung ist relativ lang und sollte in ihrem alpinistischen Anspruch nicht unterschätzt werden.

Nach einiger Diskussion und ca. 45 Minuten später entdeckten wir eine kleine blaue Lücke zwischen den dunklen Wolken über dem nassen Teil des Dorfs, das wir vom Fenster aus sehen konnten. Wir beschlossen, unsere Tour zu versuchen. 

Aufstieg zur Engelhornhütte durch die Wolken

Mit knapp einer Stunde hinter dem Zeitplan stellten wir das Auto ab und bezahlten die Maut für die Benutzung der Straße an der Großreichenbach Alp. Die Gemeinde lässt sich das Befahren des kleinen Feldwegs mit 15 Franken (12 €) pro Tag vergüten. Die Älplerin konnte sich noch an uns erinnern und wir starteten den Aufstieg zur Engelhornhütte, wobei wir beinahe von ihrem Mann mit Mist beworfen wurden. Er mistete gerade die Kuhställe aus und seine Schubkarre stand direkt neben dem Wanderweg.

Glöckchengeklingel, Engelslocken und Hörner - typische Engelhornschafe

Der Boden und die Gräser waren noch total durchnässt. Um uns herum hingen dichte Wolken. Einige der besonders nahe am Boden ziehenden Wolken fingen an zu klingeln und bekamen Beine und Hörner, wodurch wir sie beim Näherkommen als Schafe erkannten.

An der Engelhornhütte sahen wir nur die Hüttenleute. Es waren noch nicht viele Gäste unterwegs. An dem Tag sahen wir außer uns keinen einzigen Kletterer in den Engelhörnern. Die meisten Felsen waren noch sehr nass.

Aufstieg zum Grat

Den Einstieg des Grates auf dem wir erst zum Klein Simeler und dann zum Gross Simeler gelangen wollten ist relativ weit oben. Von der Hütte brauchten wir noch ca. 50 Minuten um die 200 Höhenmeter bis zum Einstieg des Grates zurückzulegen. Auf dem Weg dorthin ging es über grasige Hänge, die vor Wasser trieften. Meine leichten Laufschuhe waren schnell voller Wasser und auch an den Hosenbeinen kroch die abgestreifte Flüssigkeit nach oben.

Literweise Wasser zur Aufnahme in die Schuhe und Hosenbeine

Gras-Grat auf dem Zustieg mit Blick nach Gschwantenmad

Der Fels war gleich am Einstieg etwas steiler und von zweifelhafter Festigkeit. Da er auch noch nass war, entschlossen wir uns, das Seil auszupacken und den Aufstieg abzusichern. Im folgenden Bild sieht man Chuck in einer Wolke stehen. Später kam es auch vor, dass wir uns gar nicht mehr sehen konnten. Das andere Ende des Seils verschwand einfach in einer Nebelwand.

In der zweiten Seillänge nach einem Quergang

Ein bisschen gewöhnungsbedürftig war die Kletterei in dieser Stimmung schon. Nach einer Weile des Vorsteigens, Standbauens und Nachsicherns entschieden wir uns, in einfacherem Gelände am langen Seil gemeinsam zu Klettern.


Ungefähr als wir den Klein Simeler erreichten, machten die Wolken eine Mittagspause. Es war auch schon 13:15 Uhr und wir gönnten uns bei lang ersehnter Sicht in die Umgebung auch eine kleine Pause, bevor wir uns vom Klein Simeler hinunter auf den Grat und Weiterweg abseilten.

Am Klein Simeler

Teile des Weiterwegs, welcher den Verbindungsgrat vom Klein Simeler zum Gross Simeler darstellt, kannten wir schon von unseren Abenteuern aus vergangenen Jahren, als wir in den anspruchsvollen Platten des Gross Simelers kletterten. Heute waren diese Routen im unteren Teil noch zu nass und wir hatten den ganzen Berg für uns.

Erklimmen des steilen Verbindungsgrats zum Groß Simeler

Nach zwei Seillängen steiler und gut griffiger Kletterei erreichten wir den Gipfel des Gross Simelers auf knapp 2500m. Es war mittlerweile schon nach 15:00 Uhr und die Wolken waren längst vom Mittagsschlaf zurück. Wir saßen auf der kleinen Felsinsel des Gipfels und hier und da ragte mal ein gegenüberliegender Zacken aus den Wolken.

Eintrag ins Gipfelbuch

Nach dem Eintrag ins Gipfelbuch und dem Gipfelfoto machten wir uns an den Abstieg, der auch nicht ganz ohne war. Die ersten 20 Meter mussten wir über steiles Gelände absteigen, um betonierte Abseilhaken zu erreichen, über die wir uns dann steil in den Simelisattel abseilten. Über Schrofengelände und abermaliges Abseilen gelangten wir in den oberen Kessel zwischen der Vorderspitze und den Simelern. Wir schafften es auch dieses Mal, heile den Kessel hinunter bis zu einer nassen Rinne zu kommen, durch die man abseilt, um endlich wieder das Geröll des Ochsentals zu erreichen.

Gipfelfoto auf 2482m

Der Abstieg vom Gipfel bis zur Engelhornhütte dauerte knapp zwei Stunden. Wir belohnten uns dort mit einem frischen Getränk und einem Stück Kuchen. Die Tour hatte inklusive der Pausen von Hütte zu Hütte gute sieben Stunden gedauert. 

Ausblick zum Wetterhorn

Den Abstieg von der Hütte schafften wir noch, ohne von einem Schauer erwischt zu werden. Als wir um 19:00 Uhr wieder im Auto saßen, fielen ein paar Tropfen auf die Windschutzscheibe. Unsere Heckscheibe zierte ein kleiner Engel von dem wir nicht wissen, von wem und warum er dort angebracht wurde.

Engelaufkleber auf der Scheibe (besser als ein Strafmandat wie am Susten)

2 Kommentare:

  1. Sehr schöne Fotos! J.O. ist deine Hand wieder in Ordnung? Schade dass ihr so viel Pech mit dem Wetter habt, aber wie es aussieht, macht ihr das Beste daraus.

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  2. Sieht ja nicht sehr einladend aus mit all dem Nebel und nassem Fels. Aber so etwas hält euch zwei ja nicht auf ;-)

    Klasse Videos, übrigens!

    VG Lucien

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