Freitag, 8. August 2014

Abenteuer am Klein Furkahorn (3026m)

Was tut man, wenn die Tourenpläne, die zuhause erarbeitet wurden, nicht zu den objektiven und subjektiven Gegebenheiten passen? Man kann dann entweder versuchen, die Gegebenheiten zu ändern oder aber die Pläne anpassen.
In unserem Fall hätte die erste Handlungsoption bedeutet, das Wetter und Jan Olivers Unterarm zu ändern. Erstes ist - glücklicherweise - noch nicht möglich, und leider scheint es auch noch keine Wunderheilung für eine Sehnenscheidenentzündung zu geben. Das ist die Diagnose des Arztes, den wir gestern besuchten. Und sein Rat zur Heilung ist (außer natürlich die obligatorischen Mittelchen wie Diclofenac und Ibuprofen zu verschreiben): nichts tun, was schmerzt. Blöd nur, dass alles, was beim Klettern oder Hochtourengehen mit dem Arm gemacht werden muss, irgendwie schmerzt.
So bleibt uns also nur, unsere Pläne anzupassen. Also werden wir heute erneut weder klettern noch uns zu einer Hochtour aufmachen sondern stattdessen auf das Klein Furkahorn steigen. Dieser 3026m hohe Gipfel gehört zu den Urner Alpen und lässt sich über verschiedene Wege von der Furkapassstraße aus besteigen.
Wir wählen den SW-Grat, der in zweieinhalb Stunden und leichter Kletterei (II-III) vom Hotel Belvedère zum Gipfel führt.
Um 11:15 Uhr gehen wir los und folgen zunächst einem Wanderweg, der gut markiert zu einer Reihe von Militäranlagen führt.

Interessante Bunkeranlage

Kurz darauf wird die Markierung dürftiger, und wir gehen schließlich den mäßig steilen Hang in Richtung des Grates.

Weglos zum Grat, im Hintergrund der Gipfel mit dem nach rechts ziehenden Grat

Der untere Teil des Grates ist einfach zu gehen. Gehpassagen wechseln sich mit leichter Blockkletterei ab. Die Tiefblicke zum Rhonegletscher sind allerdings eindrucksvoll.

Im leichten Teil des Grates

Nach oben hin gibt es einige steilere Aufschwünge, die man zwar umgehen könnte, die sich aber viel schöner überklettern lassen, wie man an den folgenden Bildern unschwer erkennt.





Um 13:45 Uhr erreichen wir den Gipfel, und auch wenn die Wolken ringsum den Blick auf die hohen Berner und Walliser Alpen versperren, sieht das Wetter doch nicht so schlecht aus, dass wir uns mit dem Abstieg beeilen müssten. So entscheiden wir, nicht den Normalweg über den Südhang zu gehen, was ein markierter Weg ist, sondern stattdessen dem Sidelengrat bis zur gleichnamigen Lücke zu folgen. Dieser Grat führt vom Klein Furkahorn bis zum Sidelenhorn, und die gesamte Überschreitung enthält Kletterstellen bis zum IV. Grat. Bis zu der genannten Lücke soll es aber nicht schwerer als II sein. Von dort soll es dann über die Flanke zur Rhoneseite problemlos zum Ausgangspunkt zurück gehen.


Also brechen wir nach einer kleinen Stärkung voller Vorfreude auf weitere nette Kletterstellen auf. Der Grat entpuppt sich allerdings als recht anspruchsvoll, sowohl was die Gesteinsqualität als auch die erforderlichen Klettertechniken betrifft.


Ungewöhnliche Kletterstellen erfordern eben solche Klettertechnik

Trotzdem kommen wir gut voran und erreichen schließlich eine Scharte zwischen zwei Aufschwüngen, die unserer Meinung nach die Sidelengratlücke sein müsste. Doch wo soll es hier einen Abstieg geben? Eine steile und schottrige Rinne zieht den Hang hinunter, und weiter unten machen wir ein paar Altschneefelder aus. Aber nirgends die Spur einer Spur!
Sind wir vielleicht noch nicht an der richtigen Lücke angekommen? Wir klettern also auf den nächsten Turm, doch oben angekommen können wir wiederum nicht erkennen, wie es weitergehen soll. Also steigen wir wieder in die Scharte zurück.
Wir machen uns an den unangenehmen Abstieg in der Hoffnung, irgendwann auf eine Spur zu treffen.

Heikler Abstieg

Die Hoffnung erfüllt sich nicht. Laut Führer soll es ja eine Möglichkeit geben, den Hang absteigend zu queren. Das versuchen wir auch, nachdem wir den oberen, sehr steilen Teil hinter uns gebracht haben. Zunächst geht das auch ganz gut, bis wir schließlich in einer Plattenzone landen, aus der uns sogar einige Bohrhaken entgegenblinken. Wir haben also die ebenfalls im Führer beschriebenen leichten aber langen Klettereien auf das Klein Furkahorn erreicht. Das Wissen hilft uns aber nur insoweit, dass wir hier nicht weiterkommen werden. Also bleibt noch der weitere direkte Abstieg auf die Seitenmorände des Rhonegletschers, wo sich ja der untere Weg befinden soll.
Nach erneutem Rutschen und Stolpern im weglosen Gelände stehen wir auf dem Moränenkamm. Aber auch hier können wir keinen Pfad finden. Stattdessen müssen wir, als wir dem Kamm nach links folgen, nur allzu bald erkennen, dass wir wiederum in einer Sackgasse stecken. Denn der Kamm wird von einer unpassierbaren Plattenzone unterbrochen. Jetzt vermuten wir, dass alle Angaben im Führer nicht mehr aktuell sind und deshalb die dort beschriebenen Wege auch gar nicht mehr existieren.
Auch dieses Wissen hilft uns nur bedingt weiter. Die letzte Möglichkeit, die uns nun bleibt, ist, ganz hinunter auf den Gletscher abzusteigen. Das bedeutet allerdings, die extrem steile und aus völlig losem Material jeglicher Größe bestehende Moräne hinunter zu gehen.

Wo ist der "beste" Weg nach unten?

Wir beschließen, es entlang eines Bachlaufes zu wagen. Offensichtlich ist uns das gelungen, und so stehen wir um 17:45 Uhr auf dem blanken und flachen Rhonegletscher.

Endlich in Sicherheit

Der Rest ist Formsache, und eine halbe Stunde später sind wir am Ende des Gletschers angekommen, wo wir noch den mit riesigen Planen abgedeckten Bereich "bewundern" dürfen, in den alljährlich die Touristenattraktion "Eisgrotte" gegraben wird.

An der "Eisgrotte"

2 Kommentare:

  1. Hallo ihr Beiden,
    das liest sich ja wieder gut. Ulrich ist auf euren Erfolg am Wetterhorn neidisch.
    Herzlichen Glückwunsch. J.O. scheint ja vom Pech verfolgt zu sein. Hoffentlich könnt ihr noch ein paar schöne Touren machen.
    Grüße von Gabi und Uli

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  2. Für eine Wanderung mit „leichter Kletterei“ scheint es recht abenteuerlich gewesen zu sein. Insbesondere mit Sehnenscheidenentzündung. Jedenfalls nicht das, was der Arzt mit schonen gemeint hat ;-)
    @J.O: Konntest du die steileren Aufschwünge umgehen oder bist du die auch geklettert?
    Die Tiefblicke zum Rhonegletscher und ins Tal schauen wirklich sehr eindrucksvoll aus!

    Gruß Lucien

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